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Reichswaldblatt April 2017

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40 Zwischen Hoffen und

40 Zwischen Hoffen und Hoffnungslosigkeit Psychische Krisen Asylsuchender waren Thema im Psychiatriekuratorium Im Mittelpunkt des von der Caritas Nürnberger Land halbjährlich organisierten Psychiatriekuratoriums, an dem Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung, Ärzteschaft, Banken, freier Wirtschaft und sozialen Institutionen teilnehmen, um Themen aus der Sozialpsychiatrie zu erörtern, stand diesmal Arbeit und Beschäftigung für Asylsuchende aus Sicht der Betroffenen. Begleitet von seiner Betreuerin Ulrike Seitz aus dem Jugendhilfezentrum Schnaittach berichtete der 17jährige A. von seinem Schicksal: Vor rund 20 Jahren waren seine Eltern vor den Taliban in den Iran geflohen, wo sie keinen Pass erhielten, es keine Schule für die Kinder gibt und offiziell nicht gearbeitet werden darf. Dennoch schaffte es die afghanische Auslandsgemeinde im Iran auf Basis von Schwarzarbeit, eigene Bildungseinrichtungen und eine eigene Infrastruktur zu errichten und ihre Kinder in eine privat organisierte Schule zu schicken. A. war, wie alle Kinder dieser Volksgruppe, bereits ab dem 6. Lebensjahr voll am Erwerbsleben beteiligt. Er besuchte an sechs Tagen pro Woche vormittags von 8.00 bis 12.00 Uhr die Schule und war danach und am 7. Wochentag berufstätig. Er arbeitete als Schuhmacher auf Straßen, auch in Schneidereien und als Verkäufer von Küchengeräten und Trinkwasser. Nur am Zuckerfest gab es ein paar freie Tage, Entspannung gab es nie. Zur Flucht gezwungen war er Ende seines 15. Lebensjahres, als er zum Krieg in Syrien angeworben werden sollte, einem Himmelfahrtskommando. Zunächst hatte er zwar die Hoffnung, hierüber einen Pass zu erhalten, wurde dann aber von seiner Familie mit dem sicheren Wissen um seinen möglichen Tod im Krieg in Syrien zur Flucht gedrängt. Er bewältigte diese Flucht teils im Anschluss an Gruppen, teils alleine in 45 Tagen. Dabei gab es mehrere lebensbedrohliche Situationen, u.a. in einem völlig überfüllten Schlauchboot auf dem Mittelmeer. Als er in München ankam, wurde ihm von den Leuten Beifall geklatscht. In Betreuung des Jugendhilfezentrums Schnaittach, das derzeit 17 Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren Wohnplätze anbietet, bei denen die Jugendlichen im Haushalt mithelfen müssen und in Ausbildung vermittelt werden sollen, und nach Praktika bei Sembach und in der Gastronomie hat er nun einen Ausbildungsvertrag in Aussicht. Er wartet auf seinen Asyl-Bescheid und das Ergebnis ist offen. Derzeit geht die Bundesregierung davon aus, dass Afghanistan in wechselnden Regionen immer wieder als sicher anzusehen ist und im Regelfall erhalten Afghanen einen negativen Bescheid. Für A. würde das bedeuten, dass eine Abschiebung nach Afghanistan in Betracht käme, ein für ihn völlig fremdes Land, wo er als Verräter und Spitzel gelten würde. Afghanistan erkennt ihn nicht mehr als Afghanen an, weil er dort nicht geboren wurde und auch keinen afghanischen Pass hat. Eine Abschiebung in den Iran ist allerdings auch nicht möglich und A. ist so im Prinzip ein Staatenloser. Seitz schilderte sehr eindrücklich, was diese unklare rechtliche Situation mit den Betroffenen macht: Es gibt starke Schlafprobleme, depressive Episoden, Rückzugstendenzen. Jugendliche, die schon relativ selbstständig geworden waren, teilen sich teils wieder ein Zimmer zu zweit, um sich gegenseitig Halt zu geben. Die starken fachlichen Anforderungen an Auszubildende in Deutschland, die schwer zu erlernende deutsche Sprache, bei wenig bisherigen Schulerfahrungen, die schweren traumatischen Ereignisse vor und während der Flucht und die sich daraus ergebenen posttraumatischen Belastungsstörungen führen oft dazu, dass Anforderungen der Außenwelt in Deutschland teils als unwirklich angesichts der inneren Bilder erlebt werden und von den Jugendlichen oft die Frage gestellt wird: „Bin ich verrückt?“. Seitz wünschte sich mehr geduldige Ausbildungsbetriebe, die die soziale Verantwortung übernehmen wollen und bereit sind, geflüchtete Jugendliche in Ausbildung zu nehmen. Dies könne in manchen Fällen im Rahmen der „3+2-Regelung“, also drei Jahre duale Ausbildung und zwei Jahre anschließende Tätigkeit im Betrieb, einen vorübergehenden Abschiebeschutz bedeuten. In dieser Zeit könnten die Jugendlichen in ihrer persönlichen Entwicklung erstarken und seien – auch wegen eines besseren Ausbildungsstandes – den Anforderungen an das Leben in den Herkunftsländern besser gewachsen. Der Leiter des carisma-Integrationsbetriebes Walter Häring stellte ebenfalls im Interview die Schicksale mehrere Asylbewerber vor, die in der carisma tätig waren. Hier sei nur das Schicksal des 30-jährigen K. dargestellt: Dieser flüchtete im Alter von 30 Jahren nach Deutschland und brachte dabei seine Frau und seine drei kleinen Kinder mit. Er war im Irak seit seinem 9. Lebensjahr berufstätig und sammelte so 21 Jahre Berufserfahrung als Verkäufer und Friseur. In den letzten Jahren betrieb er einen eigenen Supermarkt mit zwei Lieferwagen und verkaufte Obst, Gemüse, Essen, Wasser, Zigaretten und Genussmittel in seinem Wohnviertel in Nadschaf, einer knapp 1 Millionen- Das von der Caritas halbjährlich organisierte Psychiatriekuratorium befasst sich in offener Zusammensetzung mit gesellschaftlich relevanten sozial-psychiatrischen Themen. Im Mittelpunkt standen diesmal Asylsuchende in teils schweren Krisen und lösten große Betroffenheit aus. (Foto: Caritas) Einwohnerstadt 130 km südlich von Bagdad. Die Flucht ergriff er, als sein Vater und sein großer Bruder ermordet wurden und er aus seiner eigenen Familie heraus Morddrohungen erhielt, falls er nicht dem Gesetz der Blutrache folgen und die Mörder seines Vaters und seines großen Bruders umbringen würde. Die Flucht erfolgte innerhalb von 15 Tagen unter ebenfalls schwer lebensbedrohlichen Umständen. So war die gesamte Familie gemeinsam mit 60 weiteren Flüchtlingen nachts auf einem Schlauchboot unterwegs, welches nur für 40 Personen ausgelegt und zudem leck geschlagen war. Er konnte in der Nacht während dieser Überfahrt seine Kinder nicht mehr entdecken und verbrachte stundenlang in der Panik, diesen seien bereits ertrunken oder zu Tode gedrückt. Über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, die Slowakei und Österreich gelangte er nach Deutschland, wo er nun seit einem Jahr und sieben Monaten auf einen Asylbescheid wartet. In dieser Zeit war er mehrere Tage als Praktikant bei einem Friseur und in der Gastronomie tätig und auch sechs Monate in der carisma beschäftigt. In Deutschland wurde auch sein viertes Kind geboren, welches heute sechs Monate alt ist. Er lebt ebenfalls mit der großen Angst vor einer Abschiebung, denn sein Asylantrag wurde bereits abgelehnt. Die Mitglieder des Psychiatriekuratoriums, allesamt mit dem Thema Asyl beruflich und ehrenamtlich vertraut, waren von den geschilderten Schicksalen schwer betroffen. Auf der einen Seite steht das Anliegen der deutschen Bundespolitik, klare Regelungen für den Zuzug von Asylbewerbern nach Deutschland zu schaffen und die Schwierigkeiten für die Regierung, angesichts der vielen geltenden rechtlichen Vorschriften und des Erstarkens radikaler Kräfte in Deutschland sinnvolle Regelungen zu finden. Dennoch müsse man den klaren Blick für die Situation der Betroffenen behalten und es sei ein Unding, wie sich die geltenden Regelungen auf Menschen auswirkten, die mit teils grauenhaften Schicksalen nach Deutschland kämen und hier erneut in existenzielle Ängste fallen würden. Die Fachleute aus Asylsozialarbeit und sozialer Psychiatrie verdeutlichten, wie stark sich die Mitarbeiter in ihren Einrichtungen um Asylbewerber und Flüchtlinge kümmern, wie stark aber auch die emotionalen Belastungen aus dieser Arbeit seien. Bei rd. 300.000 traumatisierten Flüchtlingen in Deutschland (von rd. 1 Millionen derzeit in Deutschland lebenden Flüchtlingen) sei eine flächendeckende fachkundige Behandlung von Traumata und posttraumatischen psychiatrischen Problemen für die vorher schon überforderte Versorgungsstruktur schlicht nicht möglich, von den Sprachproblemen ganz zu schweigen. Umso wichtiger seien stabile Verhältnisse während des Aufenthaltes in Deutschland. Die Anwesenden appellierten an die politischen Parteien in Deutschland, Gesetze nicht weiter zu verschärfen und trotz teils populistischer Äußerungen im Lande daran mitzuwirken, dass die in Deutschland Schutz suchenden Menschen hier während ihres Aufenthaltes mindestens human behandelt werden. Die hochemotionale Veranstaltung endete mit einem Appell an jeden, sich im Rahmen seiner Aufgabenbereiche jeweils präzise an die geltenden rechtlichen Bestimmungen zu halten, aber den Menschen, der mir unmittelbar gegenübersteht, in seiner Not zu sehen und ihn möglichst menschlich zu behandeln. Michael Groß FEUCHT | MOOSBACH | SCHWARZENBRUCK | GSTEINACH | OCHENBRUCK | WINKELHAID | PENZENHOFEN | ALTDORF | BURGTHANN | RÖTHENBACH ST. WOLFG. • APRIL 2017

„Der Pleitegeier“ kreist um das Thema Armut Aktion Schutzbengel unterstützt das mehrjährige Projekt in Nürnberg Nürnberg – Wie ist es, wenn ein Kind ausgelacht wird, weil es keine Markenschuhe trägt? Wie ist es, wenn es nicht mit den Klassenkameraden Döner essen kann, weil das Geld nicht reicht? Wie ist es, wenn man sich entscheiden muss, ob man Schulhefte kauft oder einen warmen Pullover? Mit diesen Fragen konfrontiert das Theaterstück „Der Pleitegeier“ seine Zuschauer ebenso wie die jungen Schauspieler von Nürnberger Schulen. Die Aufführung des Stücks am Freitagvormittag in der Kulturwerkstatt auf AEG war gleichzeitig der Startschuss für das mehrjährige Projekt. Schauspieler und Regisseur Jean-Francois Drozak möchte gemeinsam mit den Immer wieder wandte sich Regisseur Jean-Francois Drozak ans Publikum: Es durfte mehrmals abstimmen, wie das Stück weitergeht. Projektpartnern, zu denen auch die Stadt Nürnberg und die Aktion Schutzbengel der Rummelsberger Diakonie gehören, auf die Folgen von Armut aufmerksam machen. „Willkommen in der größten Schulklasse Nürnbergs“, begrüßte Theaterpädagoge Drozak die rund 250 Schülerinnen und Schüler des Sonderpädagogischen Förderzentrums Bärenschanze, der Geschwister-Scholl-Realschule und der Mittelschule Johann-Daniel-Preißler. Sie alle waren gekommen, um einen „erlebnisreichen Vormittag“ zu verbringen, wie Stefanie Dunker von der Kulturwerkstatt auf AEG ankündigte. Bevor es losging, wandte sich Reiner Prölß, Referent für Jugend, Familie und Soziales der Stadt Nürnberg, an die jungen Gäste. „Alle Kinder sollen die gleichen Chancen haben“, betonte er. „Der Pleitegeier“ hat auch die Aufgabe, den „Nürnberg-Pass“ noch bekannter zu machen. Mit ihm erhalten Nürnberger, die Sozialleistungen beziehen, ermäßigte Eintrittspreise für Angebote in den Bereichen Bildung, Sport, Kultur und Freizeit. Olaf Forkel, Fachlicher Leiter der Rummelsberger Dienste für junge Menschen und Mitglied der Geschäftsleitung, bekräftigte das Engagement der Aktion Schutzbengel der Rummelsberger Diakonie für den „Pleitegeier“: „Der Schutzbengel ist nur für die Kinder da“, sagte er und wünschte anschließend den acht Schauspielerinnen und Schauspielern des Sonderpädagogischen Förderzentrums und der Geschwister-Scholl-Realschule nur noch: „Toi, toi, toi!“ Die sichtlich aufgeregten Jungen und Mädchen hatten das Stück mit Regisseur Drozak in nur vier Projekttagen eingeübt. Keine leichte Aufgabe für die Schülerinnen und Schüler – schließlich galt es, nicht nur einander kennenzulernen und Texte zu studieren, sondern auch noch alternative Szenen zu entwickeln. Denn wie „Der Pleitegeier“ an entscheidenden Stellen weitergeht, durfte das Publikum per Handzeichen bestimmen. Kräftigen Applaus ernteten die strahlenden Jungschauspieler nach der Aufführung. Auch Theaterpädagoge Drozak zeigte sich „sehr zufrieden“ und freut sich schon auf die nächsten Projekttage mit weiteren Schulen aus Eine tolle Leistung auf der Bühne zeigten alle jungen Schauspielerinnen und Schauspieler. „Lisa“ (li.) und ihre „Mutter“ blieben mit ihrer Darstellung besonders in Erinnerung. Von Aufregung war bei den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern nach wenigen Minuten nichts mehr zu spüren. Sie strahlten regelrecht auf der Bühne. unterschiedlichen Stadtteilen Nürnbergs. Denn dank der Förderung der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg können dieses Jahr zwei weitere Theaterkooperationen stattfinden. Weitere Unterstützer der Kampagne sind die Sparkasse Nürnberg, die WBG 2000 Stiftung und der Kunstverlag Josef Fink. Text und Fotos: Andrea Wismath für Gewerbe und Privat Reinigungsprodukte und Zubehör ab 1,99 € Tücherwochen Microfasertücher neue Generation: Antibakteriell Tolle Haptik Streifen- u. fusselfrei Inhaberin: Ute Kartschewski Hermann-Oberth-Straße 4, 90537 Feucht APRIL 2017 • FEUCHT | MOOSBACH | SCHWARZENBRUCK | GSTEINACH | OCHENBRUCK | WINKELHAID | PENZENHOFEN | ALTDORF | BURGTHANN | RÖTHENBACH ST. WOLFG. 41

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